Visuelle Beobachtung versus Astrofotografie

Heute hört man immer wieder, die visuellen Beobachter würden „aussterben“. Sicher, durch die Digitalkameras ist die Hemmschwelle deutlich gesunken, sich in der Astrofotografie zu versuchen. Wenn man es aber auf den Punkt bringt, steckt ein ordentlicher Aufwand in der Astrofotografie drinnen. Wer nur davon träumt, weil die vielen schönen Astrofotos, die man im Web findet, locken, den muss man eigentlich warnen. Mit dem Einstieg in die Astrofotografie öffnet man quasi die Büchse der Pandora. Da sind viele Schwierigkeiten zu meistern, bis man zu den ersten herzeigbaren Bildern kommt. Und, es soll nicht verschwiegen werden, dass man auch einen Batzen Geld in die Hand nehmen muss. So mancher lernt auf die „blutige“ Tour, und muss ein Ding nach dem anderen im Setup ändern, bis eine brauchbare Ausrüstung, mit der man wirklich arbeiten kann, vorhanden ist. Zu sagen, ich kann ein Teleskop bedienen, und ich kann eine Kamera bedienen, ich kann daher Astrofotografie betreiben, ist ein ganz klein wenig zu kurz gegriffen...

Die Digital Fotografie verleitet zu der Annahme, dass man nun viel schneller zu Aufnahmen käme als zu Zeiten wo noch auf Film belichtet wurde. Mitnichten. Um ausreichend tief belichtete Aufnahmen zu erhalten, und um dem bei der Bearbeitung unweigerlich auftauchenden Rauschen den Kampf anzusagen, muss man ziemlich lang belichtete und auch viele Aufnahmen machen. Die grassierende „Megapixelitits“ bei den Sensoren tut noch das ihre dazu, dass diese Kameras bei weitem nicht so empfindlich sind. Mit einer dedizierten Astro CCD Kamera passt man üblicherweise die Pixelgröße der Teleskop Brennweite an. Bei der DSLR macht sich kaum einer Gedanken darüber...

Mit der Gewinnung der Rohdaten, d.h. Belichtung, also der Arbeit am Teleskop, ist es noch nicht getan. Die „Megapixelitis“ bringt es mit sich, dass man schnell mit einem riesigen Datensalat da sitzt, was nicht nur viel Speicherplatz frisst, sondern auch einen leistungsfähigen Prozessor bei der Bearbeitung verlangt. Die entsprechende Bearbeitungssoftware, die einem selbst in den Kram passt, muss auch erst mal gefunden werden. Die besten Tools sind halt auch nicht gratis zu haben, da stecken oft noch unerwartete Kosten drinnen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Um erfolgreich Astrofotografie zu betreiben, muss man seine Gerätschaft beherrschen, und auch die Bearbeitung der Astrofotos drauf haben. Das alles geht nicht von heute auf morgen, das erfordert viel Lernbereitschaft, technisches Verständnis und auch Ausdauer. Es braucht einfach seine Zeit. Und finanziell sollte man Reserven haben, weil das Eine gibt dem Anderen oft die Hand...

Die einfachste Art der Astrofotografie ist wohl das Planeten Imaging. Hier ist der technische wie finanzielle Einsatz eher noch überschaubar, die Arbeit am Teleskop ist relativ schnell erledigt, und nicht ganz so anspruchsvoll. Bei der Bildbearbeitung kann man sich schon mal „die Hörner abstoßen“...

Sicher, die Fotografie hat gegenüber der visuellen Beobachtung etwas voraus, es lassen sich Objekte darstellen, wie man sie visuell niemals sehen kann, oder eben Objekte, die visuell nur schwer oder gar nicht zu fassen sind. Eine gut durch belichtete Aufnahme geht auch viel tiefer als die visuelle Beobachtung mit moderater Öffnung es vermag. Und freilich ist es so, ein Bild sagt mehr als tausend Worte, ein Bild kann man immer wieder anschauen. Nicht zu reden vom Stolz, dieses Bild selbst gewonnen zu haben!

Warum soll man eigentlich auf die Astrofotografie verzichten und sich mit der visuellen Beobachtung begnügen? Diese Frage ist nicht gar so einfach zu beantworten. Ins Okular schauen ist deutlich „billiger“. Wiewohl die visuelle Beobachtung in höchster Form auch eine Kunst für sich ist, und eine gute Ausrüstung braucht. Was soll nun so besonders lohnend sein an der visuellen Beobachtung? Zum Einen ist das menschliche Auge, so unvollkommen es ist, ein bemerkenswerter „Sensor“, der einen Kontrastumfang bewältigen kann, den man fotografisch nur mit Tricks hinkriegt, wobei die Ergebnisse dann sehr oft "unnatürlich, künstlich" wirken. Zum Anderen ist es das Erlebnis, selbst das Licht von fernen Objekten, Welteninseln unmittelbar zu sehen. Man bekommt einen direkten Eindruck von Größe, Ausdehnung und Helligkeit der Objekte, die man beim einfachen Betrachten von Fotos nicht erfassen kann.

Der Schlüssel zur visuellen Beobachtung ist das perfekte Anwenden des indirekten Sehens, sowie die Wahl der richtigen Vergrößerung, gegebenenfalls Filter. Das indirekte Sehen bringt einen "Gain" von 4 mag! Damit kommt man mit Teleskopen moderater Öffnung hübsch tief, viel tiefer als "Ahnungslose“ meinen. Es sind viel mehr Objekte als die paar Dutzend der ausgetretenen Pfade zugänglich, wenn man versteht, sie sich "zu erarbeiten“. Das Beobachten hart an der Wahrnehmungsgrenze hat einen ganz besonderen Reiz, es gibt einem eine tiefe Befriedigung. Ein Gefühl, das sich bei der Astrofotografie höchstens einstellt, wenn man ein neues, bislang unbekanntes Objekt auf seinen Fotos entdeckt hat...

Von den Kosten her kann man sicher auch für die visuelle Beobachtung mächtig aufrüsten, wenn man in große Öffnung investiert. Da reden wir von 18 oder 20 Zoll, in diesen Dimensionen. Damit schieben sich die Grenzen wahnsinnig weit hinaus, und viele der hellen Objekte „ähneln“ fotografischen Eindrücken, manche sind einfach schöner, so kann das ein Foto niemals darstellen...

Visuelle Beobachtung und Astrofotografie sind einfach zwei Paar Schuhe, wobei beides seine Berechtigung hat. Weder das Eine noch das Andere ist klar im Vorteil. Wer wirklich einmal tief in die visuelle Beobachtung eingedrungen ist, für den wird es zu einer Art "Droge“...

Und all das sagt einer, der beide Seiten kennt, der sich auch über eigene Astrofotos freut.